16.02.18 MDZ Impulse mit Eduard Kaeser zu Mensch und Maschine
Durch die zunehmende Delegation menschlicher Tätigkeiten an Computer und Roboter wird die Vision einer von Maschinen dominierten, posthumanen Gesellschaft denkbar. Dieses Szenario fordert unser Selbstverständnis heraus, meint Eduard Kaeser als Einstieg zu seinem Referat. Die zentrale anthropologische Fragestellung lautet, was uns Menschen von den Maschinen unterscheidet – dies etwa vor dem Hintergrund, dass Maschinen dank künstlicher Intelligenz zunehmend Entscheidungen selber fällen können.
Das Verhältnis von Mensch und Gerät sei schon immer ein symbiotisches gewesen: Das Gerät dient uns, so wie wir ihm dienen. Kaeser zitiert hier Marshall McLuhan, der den Menschen als «Servomechanismus» seiner eigenen Erfindungen bezeichnet hat. Ein Indianer der ein Kanu gebaut hat, werde zum Servomechanismus seines Kanus, ebenso wie wir zu Servomechanismen unserer Smartphones geworden seien. Der Prozess der zunehmenden Delegation von Arbeiten an die Geräte geschehe langsam und unmerklich.
In der Symbiose von Mensch und Maschine, die ein breites Kontinuum darstelle, könne der Mensch maschinelle Arbeiten wieder für sich zu reklamieren. So sei in gewissen Branchen ein «re-skilling» festzustellen, indem handwerkliche Tätigkeiten wieder vermehrt von Menschen ausgeführt würden. Kaeser sieht in Wiederentdeckung des Körpers eine Chance. Er plädiert dafür, einen «Renitenzreflex» zu trainieren, der verhindert, dass wir wie Skinnersche Ratten auf die allgegenwärtigen Reize der Distraktionstechnologien reagieren. Das Verhältnis von «Sammeln» und «Zerstreuen» dürfte den Grad unserer Beherrschung der Technik bzw. unseres Beherrschtswerdens durch Technik beeinflussen.
Eduard Kaeser publiziert regelmässig im Journal 21. Er ist Autor mehrerer Bücher, u.a. «Trost der Langeweile: Die Entdeckung menschlicher Lebensformen in digitalen Welten» (Rüegger Verlag, 2014).