10.05.19 «Investitionen in die frühe Kindheit: gerechtfertigt, sinnvoll oder sogar notwendig?»
Ullrich Böttinger, Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut und Leiter des Amtes für Soziale und Psychologische Dienste, zeigte am Beispiel des Ortenaukreises (Offenburg, Baden-Württemberg, Deutschland) auf, wie sich eine Kommune im Feld der Frühen Hilfen fachlich und ökonomisch innovativ entwickeln kann. Ausgehend von einem kleinen, im kommunalen Haushalt unverplanten Budget wurde das präventive Konzept nach einer Bedarfserhebung schrittweise auf- und ausgebaut. Für die politische Argumentation erwies es sich als entscheidend, die Massnahmen als sinnvolle Investitionen in die Zukunft des Landkreises zu vermitteln. Weitere Spielräume wurden über landes- oder bundesweite Modellprojekte und Fördergelder eröffnet. So konnte mit den «Frühen Hilfen» und einem «Präventionsnetzwerk» mittlerweile eine kommunale Präventionsstrategie etabliert werden, die sich von der Schwangerschaft bis zum 10. Lebensjahr erstreckt.
Dr. Larissa Zierow, wissenschaftliche Mitarbeiterin und stellvertretende Leiterin des ifo Zentrums für Bildungsökonomik, ifo Institut München, fokussierte in ihrem Beitrag die frühkindliche Bildung und Betreuung aus ökonomischer Perspektive. In jüngerer Zeit wird in diesem Feld vor allem aus einer bildungsökonomischen Perspektive geforscht und argumentiert. Viele der Studien in Krippen und Kindergärten zeigen, dass sich wichtige Fähigkeiten wie kognitive und sozio-emotionale Kompetenzen bereits früh im Lebensverlauf herausbilden, sich gegenseitig bedingen und das spätere Erlernen weiterer Fähigkeiten erleichtern. Die frühe Unterstützung des Erwerbs dieser Kompetenzen hat somit grossen Einfluss auf den späteren Bildungs- und Arbeitsmarkterfolg. Gleichzeitig wird die Wirkung früher Förderung auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt betont. Es zeigt sich jedoch, dass die gefundenen positiven Effekte nur im Kontext einer qualitativ hochwertigen Betreuung zu beobachten sind.
Im abschliessenden Austausch diskutierten die Teilnehmenden vor allem über die Bedeutung der verwendeten sprachlichen Begriffe. Beispielhaft verdeutlicht wurde dies anhand der unterschiedlichen Wirkung von «Investition» versus «Kostenfaktor» in kommunalen Entscheidungsgremien. Auch die Signale, die von Bezeichnungen wie «Frühe Hilfen» oder «Frühe Förderung» auf Eltern ausgehen, wurden eingehend thematisiert.
Text: Angelika Schöllhorn, Dozentin Master Frühe Kindheit