BiSE Forschungskolloquium: Prof. Dr. Thomas Götz (Uni Konstanz)
Datum:
12.02.19
Zeit:15:15
Ort:Universität Konstanz, C252
«Plage der modernen Gesellschaften» – so wird die Langeweile häufig bezeichnet. In diesem Vortrag werden Ergebnisse der auf den Lern- und Leistungskontext bezogenen Langeweileforschung vorgestellt und es wird darauf eingegangen, inwieweit sie auch dort als «Plage» zu bezeichnen ist. Ergebnisse aus Fragebogen-, Interview- und Experience-Sampling-Studien (Real-Life-Assessment) werden vorgestellt. Zunächst wird die Phänomenologie der Langeweile dargestellt. Dazu werden vor allem Definitionen aus dem Kontext der Philosophie und der Psychologie vorgestellt und es wird ein Minimalkonsens bezüglich Konstruktdefinitionen aufgezeigt. Ergebnisse empirischer Studien zur Phänomenologie schulischer Langeweile werden vor dem Hintergrund bisheriger Definitionsversuche diskutiert und es wird ein neues Modell zu verschiedenen Formen von Langeweile vorgestellt.
Um Langeweile zu verhindern, ist es wichtig, ihre Ursachen zu kennen. Theoretische Modelle und empirische Studien zu den Antezedenzien von Langeweile im Lern- und Leistungskontext werden diskutiert und Implikationen für die Gestaltung von Lernumgebungen aufgezeigt. So ist es für Lehrende z.B. wichtig zu wissen, dass Langeweile die einzige Emotion ist, die schwächer wird, wenn man die Valenz der Situation oder der Inhalte erhöht – alle anderen Emotionen (positive wie negative) werden mit zunehmender Valenz intensiver.
Ein aktueller wissenschaftlicher Diskurs zur Wirkung von Langeweile wird aufgegriffen und vor dem Hintergrund aktueller Studien diskutiert. Ist Langeweile eine «schädliche» Emotion – z.B. im Hinblick auf Lern- und Leistungsergebnisse? Oder ist sie, zumindest manchmal, durchaus auch als positiv zu bezeichnen – z.B. für die Initiierung kreativer Prozesse («Inkubationsphasen»)? Friedrich Nietzsche nannte sie z.B. in Bezug auf ihre manchmal als positiv anzunehmenden Wirkungen die «Windstille der Seele». Schließlich wird auf die Regulation von Langeweile im Lern- und Leistungskontext eingegangen. Was machen Schülerinnen und Schüler, wenn sie sich langweilen? Welche dieser Regulationsmechanismen sind als positiv und welche als negativ zu bezeichnen? Kann und soll man Schülerinnen und Schülern dabei helfen, mit ihrer Langeweile im Lern- und Leistungskontext adäquat umzugehen? In einem Ausblick wird auf mögliche weitere Forschungsaktivitäten im Bereich der Erforschung von Langeweile im Lern- und Leistungskontext eingegangen.